Auf der Jagd nach der Unsterblichkeit

Frühe Kaiser und ihre letzten Ruhestätten

Wie so viele Geschichten beginnt auch diese mit einer Frau. In Handan, Hauptstadt des nördlich von Qin gelegenen Reiches Zhao, lebt der wohlhabende Kaufmann Lü Buwei mit seiner Konkubine. Mit Perlen, Jade und anderen Luxuswaren hat Lü Buwei ein Handelsimperium aufgebaut. Die Konkubine ist der Schmuck seines Hauses. So schön ist sie, dass im Jahr 260 v. Chr. Zhuangxiang, Sohn des Herrschers von Qin, Gefallen an ihr findet. Lü Buwei wittert ein Geschäft. Er überlässt die Frau dem jungen Prinzen. Es ist das beste Geschäft seines Lebens. Denn im darauffolgenden Jahr gebiert sie – nach einer zwölfmonatigen Schwangerschaft, wie die Historiker später berechnen werden – Zhuangxiang einen Sohn, Zhao Zheng. Und Lü Buwei wird zum engen Vertrauten des Königssprosses. Weiterlesen

Piratennester und Schmugglerhöhlen

Seefahrt und Handel an Chinas Küsten

Wer einen Arowana im Haus hat, ist ein gemachter Mann. Nach der chinesischen Lehre des Feng Shui mehrt der „goldene Drachenfisch“ den Reichtum seines Besitzers – zuweilen ins Unermessliche. Darum sind Arowanas beliebte Haustiere in Asiens Chefetagen. Bis zu 50 000 US-Dollar kann ein Exemplar des Süßwasserfisches leicht kosten; vor allem, wenn seine roten Schuppen mit einen goldenen Schimmer belegt sind. Hat der Fisch dann erst einmal im Aquarium eines Geschäftsmannes seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, steigt sein Wert. Für die Arowanas erfolgreicher Wirtschaftsbosse sollen schon Millionenbeträge geboten worden sein. Doch kaum ein Chinese würde seinen Arowana verkaufen. Es ist üblich, den Fisch – nachdem er gute Dienste geleistet hat – auszusetzen. Ihm seine Freiheit zurückzugeben. Weiterlesen

Tore wie Tempeltüren

Die große Mauer als Grenze zwischen Ming und Mongolen

Colonel Robert McCormick sammelt Steine. Alle seine Korrespondenten wissen Bescheid: Wenn sie von einer Auslandsrecherche zurück in die Redaktion der Chicago Tribune kommen, freut sich der Herausgeber über einen Stein fast so sehr wie über eine gelungene Reportage. Die Brocken lässt er dann in die Fassade des „Tribune Tower“ einbauen – jenes imposanten Wolkenkratzers an der North Michigan Avenue Nr. 435, den McCormick in den Jahren zwischen 1922 und 1925 für sein Zeitungsimperium hat bauen lassen. Bis heute wird dieser Brauch fortgeführt, inzwischen ist die McCormick-Sammlung auf 141 Steine angewachsen. Ein Marmorbrocken vom Parthenon in Athen prangt dort, ein Stück ägyptische Pyramide, ein Stein aus dem indischen Taj Mahal, ein Betonklumpen aus der Mauer, der einst West- von Ostberlin trennte. Sogar ein Souvenir vom Mond stellt die NASA als Leihgabe für den Tribune Tower zur Verfügung. Und natürlich darf ein Stein nicht fehlen in dieser Sammlung am Tribune Tower: ein Stück der Großen Chinesischen Mauer. Weiterlesen

Erdbebenfrösche und Lotusfüsse

Das goldene Zeitalter der Erfindungen unter der Song-Dynastie

„Feuer! Es brennt! Feuer!“ durchschneidet am 12. April 1208 ein Gellen das gedämpfte Nachtgemurmel in den Straßen Hangzhous. Und sofort beginnt die Stadt sich zu regen. Zuerst ändert sich die Geräuschkulisse: „Feuer! Es brennt!“ nimmt der Rufer eines Wachturmes die Warnung auf, trägt den Alarm über die Dächer der Häuser hinweg zu den Wachstationen. Das gleichmäßige Summen in den Straßen schwillt an, wird lauter und schriller. Dann setzt die Bewegung ein. Hastende Füße scharren über das holprige Pflaster. Menschen eilen in Strömen zu den Feuerwachen. Hier liegen Hacken, Schaufeln, Eimer, Seile, Signalflaggen, Lampen und in Asbest getränkte feuerfeste Kleidung bereit, mit denen Soldaten und Helfer in Windeseile Wasser transportieren, Schneisen in die Stadt schlagen und Bergungsaktionen koordinieren können. Die Routine der Feuerwehr ist überlebenswichtig für die Stadt. Denn Hangzhou im Jahr 1208 ist wie ein Scheiterhaufen, der nur auf die nachlässig geschwenkte Fackel, die umgekippte Öllampe oder den unachtsam aufgehängten Papierlampion wartet. Holzhaus steht hier an Holzhaus, die meisten mehrere Stockwerke hoch. In den engen Lücken zwischen den Gebäuden fällt niemals ein Sonnenstrahl bis auf den Boden. Weiterlesen

All die schnellen Pferde

Die große Mauer der Qin und Han als Schutz gegen nomadische Reitervölker des Nordens

Mao Dun, Khan der Xiongnu, ist ein unersättlicher Mann. Pferde und Frauen gelten ihm als liebster Zeitvertreib. Für beide gilt: Sie sollen in ausreichender Menge vorhanden sein. Und je edler in der Abstammung, desto mehr Vergnügen bereitet es dem Herrscher, sie gefügig zu machen. Kostbare Pferde besitzt der Khan des Nomadenvolkes bereits im Überfluss. Um seinen Bestand an Frauen aufzuwerten, nimmt er im Jahr 198 v. Chr. einen Vorschlag des chinesischen Gesandten Liu Jing an. Er erhält eine Prinzessin der Han zur Ehe, dazu als Brautgeschenk Seide, Alkohol, Getreide und andere Nahrungsmittel. Alles, was Mao Dun dafür tun muss, ist Han als gleichberechtigten Bruderstaat zu betrachten und die Mauer, welche die Han vor den Xiongnu schützen soll, als Grenze anzuerkennen. Noch im selben Jahr erhält der Khan die erste Han-Prinzessin für seine Sammlung. Weiterlesen

Gruppentaufe im Club Johannes

Ein Archäologe will die Höhle des christlichen Täufers entdeckt haben. Es handelt sich wohl eher um eine Stätte antiken Glaubenstourismus

Höhle von Johannes dem Täufer gefunden!«, feierte die internationale Presse jüngst die angebliche Entdeckung der Wirkstätte des Predigers aus der Wüste. »Zum ersten Mal können wir auf eine Stelle zeigen und sagen: Es ist sehr wahrscheinlich, dass dies der Ort ist, an dem Johannes der Täufer getauft und seine Rituale ausgeführt hat«, tönte der britische Archäologe Shimon Gibson (45) in der Times. Hätte der begeisterte Entdecker seine Bibel dabeigehabt, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass dort von einer Höhle nie die Rede ist. „Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land (…) und ließen sich von ihm taufen im Jordan“, steht da bei Markus 1, 5. Im Fluss also. Ist ja auch praktischer, als die 28 Stufen in die Tiefe steigen zu müssen, die in Gibsons Höhle hinabführen.

Den Beitrag auf zeit.de lesen»

Der Diskos von Phaistos

Seit hundert Jahren gibt eine Tonscheibe mit geheimnisvollen Zeichen den Forschern Rätsel auf. Bis heute konnten sie nicht klären, ob der Fund ein spektakuläres Einzelstück oder eine meisterhafte Fälschung ist.

Als Luigi Pernier, Ausgräber des Palastes von König Minos im kretischen Phaistos, am Abend des 3. Juli 1908 eine seltsame, flache Tonscheibe in die Hand nahm, ahnte er nicht, dass dieses Objekt noch ein Jahrhundert später die Forscher vor Rätsel stellen würde. Den folgenden Generationen von Gelehrten gelang es bis heute nicht, die Zeichen oder auch nur die Sprache zu bestimmen, in der das mysteriöse Fundstück beschriftet ist. An Deutungsversuchen mangelte es nicht: so zahlreich, so unterschiedlich und teilweise mit so vehementer Überzeugung vertreten, dass der britische Altertumswissenschaftler John Chadwick, Mit-Entzifferer von Linear B, verzweifelt anmerkte: „Selbst wenn König Minos höchstpersönlich jemandem im Traum die wahre Bedeutung offenbaren würde, wäre es für denjenigen unmöglich, andere davon zu überzeugen, dass dies die richtige Lösung sei.“ Weiterlesen

Virtuelle Baustelle – Der Kreml im Wandel der Jahrhunderte

Deutsche und russische Experten rekonstruieren die wechselvolle Geschichte des Moskauer Machtzentrums. Fünf Bauphasen des russischen Wahrzeichens erstehen als begehbare virtuelle Realität.

Der Moskauer Edelmann muss verzweifelt gewesen sein in jener Winternacht des Jahres 1238. Draußen vor den Toren der Stadt stehen die Horden des Batu Khan. Innerhalb der Palisaden ist an verschiedenen Stellen bereits Feuer ausgebrochen, der Rauch brennt ihm in den Lungen. Wie lange lässt sich Moskau noch halten? Ein paar Stunden, höchstens. In seiner Not gräbt der Adlige ein Loch in den Boden. Sollen die Mongolen doch kommen und wüten, in diesem Erdversteck werden seine Schätze sicher vor Raub und Plünderungen sein. Hastig verscharrt er, was die Soldaten des Batu Khan nicht finden sollen: einen Armreif aus schwerem Silber, die Enden mit Drachenköpfen verziert; den Schläfenschmuck einer Frau, mit zierlichen Schnüren aus filigranen Silberanhängern; Silberbarren, damals Zahlungsmittel für große Beträge; ein goldener Fingerring aus dem Orient, der seinem Träger auf arabisch „Ruhm, Erfolg, Macht, Glück und Schmuck“ verspricht, dazu Ohrgehänge, Halsreifen und -ketten. Weiterlesen