Pogrom im Schtetl

Zuerst Ekel, dann Mitleid, empfand der Dichter Heinrich Heine, als er „den Zustand dieser Menschen näher betrachtete und die schweinestallartigen Löcher sah, worin sie wohnten, mauschelten, beteten, schacherten und – elend waren…“ Doch so elend es dort auch sein mochte, das Schtetl – die jüdische Siedlung oder das jüdische Viertel einer Kleinstadt – war für die Juden eine heile Welt. Hier gab es eine Synagoge, einen jüdischen Friedhof und eine mikwe, das rituelle Badehaus. Alles im Schtetl war jüdisch, die Kleidung, die Sprache, die Sitten. Da die russischen Gesetze im ausgehenden 19. Jahrhundert den Juden nur sehr begrenzt das Arbeiten erlaubten, streiften viele von ihnen Tag für Tag durch die armseligen Gassen, um hier und da Beschäftigung zu finden – ein wenig zu handeln, ein bißchen zu tauschen, vielleicht einen Botengang zu erledigen oder gar eine Heirat zu vermitteln. „Luftmenschen“ nannte man diese armen Kreaturen, weil sie von der Luft zu leben schienen. Dass das Leben auch anders aussehen könnte als im verarmten Schtetl war vielen von ihnen nicht bewusst. Die wenigsten Juden verließen zu Lebzeiten je ihr Viertel oder bekamen gar eine ferne Großstadt wie Moskau oder Kiew zu sehen. Sie führten ihr Leben – und blieben unter sich. Weiterlesen

Erleuchtung aus der Höhle

„Zu verkaufen: biblische Handschriften, die bis mindestens 200 v. Chr. zurück datieren. Hervorragend geeignet als Schenkung einer Privatperson oder einer Gruppe an ein wissenschaftliches oder religiöses Institut. Chiffre F 206.“

Diese Anzeige auf Seite 14 des Wall Street Journal vom 1. Juni 1954, zwischen Annoncen für Stahlbehälter oder elektrische Schweißapparate und den Wohnungsangeboten, vermochte kaum Interesse bei den Lesern zu erregen. Und doch ist dieses Angebot in etwa so spektakulär, als fände man auf einem Flohmarkt die Totenmaske des Tut-Anch-Amun zwischen Spitzenblusen und einer gesprungenen Suppenschüssel mit Blümchenmuster. Denn die unter Chiffre F 206 zum Verkauf stehenden Schriften sind Bibel-Urtexte, geschrieben zu einer Zeit, als es das Neue Testament, wie wir es heute kennen, noch gar nicht gab. Geschichten, die als nicht geeignet für die Heilige Schrift befunden wurden und so in Vergessenheit gerieten. Weiterlesen

Zu schwach für die Frauen

8 Tote, 17 Tote, 2 Tote… Die Zahlen der getöteten Israelis bei palästinensischen Selbstmordattentaten nehmen sich bescheiden aus im Vergleich mit dem Anschlag, den ein Israeli um das Jahr 1200 v. Chr. auf eine Versammlung von Palästinensern verübte. Über 3000 feiernde Zivilisten riß Samson mit sich in den Tod, als er damals den Tempel des Dagon zum Einsturz brachte. Weiterlesen