Die weißen Blumen des Bösen

Die riesigen Steinstatuen auf der Osterinsel haben einen winzigen Feind: Flechten. Der aggressive Bewuchs bildet Säuren, die Löcher in das Vulkangestein der Moai genannten Skulpturen fressen. Ein Forscherteam um Lorenzo Casamenti aus Florenz will die Flechten nun mit einer Chemielösung beseitigen. Frühere Versuche, die Löcher mit Beton zu füllen, gingen auf fatale Weise schief: Die Füllung verstärkte noch die Erosion durch Wind und Salzwasser. Außerdem schien der Beton den Flechten ebenso gut zu schmecken wie das Originalgestein. Flechten gehören zu den widerstandsfähigsten Lebewesen. 200 Arten überleben in der Antarktis; Experimente haben gezeigt, dass sie sogar im Weltraum eine zeitlang existieren können. Die Italiener haben einheimische Archäologen zu Steinrestauratoren ausgebildet, damit sie künftig „die weißen Blumen des Bösen”, wie die Moai-Flechten auf der Osterinsel heißen, bekämpfen können.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 42/2010.

Nordisches Mini-Pompeji

In Norwegen sind Ausgräber auf eine Art Mini-Pompeji gestoßen. Die Siedlung in der Nähe der heutigen Stadt Kristiansand wurde zwar nicht von Vulkanasche zugedeckt, aber um 3500 vor Christus urplötzlich von Sand verschüttet. Der Sand konservierte Mauern, Pfeilspitzen und jungsteinzeitliche Gefäße. Archäologen hatten in Norwegen aus jener frühen Epoche bislang nur stark zertrümmerte Gefäße gefunden. Nun zogen sie ein komplettes Exemplar mit einem Randdurchmesser von 35 Zentimetern aus dem Boden. Warum die Stadt unter Sand verschüttet wurde, ist ein Mysterium. Ausgrabungssprecher Håkon Glørstad vermutet, dass ein Sandsturm das Dorf einst begrub. Zu jener Zeit war das Klima in Norwegen trockener als heute, Sandstürme traten recht häufig auf. Die Archäologen planen nun, Schicht um Schicht zu entfernen. Glørstad: „Wir gehen so behutsam vor wie bei der Ausgrabung eines Dinosaurierskelettes.”

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 42/2010.