Gandhis Weg der Gewaltlosigkeit erwies sich als Sackgasse. Menschlich war der spirituelle Meister ein unangenehmer Zeitgenosse
Das Dumme an dem idealisierten Gandhi ist, dass er so verdammt langweilt und nicht viel mehr hergibt als ein Sprachrohr für Moralpredigten und Haussprüche«, kommentiert der indische Schriftsteller Salman Rushdie jene Figur, als die sein Landsmann Mohandas Karamchand Gandhi heute in vielen Geschichtsbüchern und Lobpreisungen von Friedensinitiativen auftaucht. Gemeinhin gilt der »Mahatma«, die »große Seele«, als der Mann, der kraft seiner moralischen Autorität die Engländer dazu gebracht hat, Indien in die Unabhängigkeit zu entlassen. Hobbyhistoriker und Hollywood-Filmer werden nicht müde, die Gewaltlosigkeit der indischen Revolution zu betonen. Allein mit dem Aufruf zum passiven Widerstand und dem Appell an moralische Grundsätze habe Gandhi die übermächtige Kolonialmacht in die Knie gezwungen. Rücksichtslos sei er dabei nur gegen sich selbst gewesen: Immer wieder trat er in den Hungerstreik, mehrmals warfen die britischen Herren ihn ins Gefängnis.