Am 9. November 1989 tanzten die Menschen auf der Berliner Mauer. Heute, nur 14 Jahre später, ist sie bereits ein Fall für die Archäologie.
Im Juni beginnt die Fetthenne zu blühen. Dann windet sich einmal rund um Westberlin ein lockerer gelber Zopf wie eine Blumenkrone. Der Streifen bildet mit der Architektur der Stadt ein dichtes Geflecht, ist oft unterbrochen von Straßen, Plätzen, Häusern. Doch immer wieder lugt der Blütenkranz hervor zwischen wuchernden Beton- und Stahlbauten. Das Band aus hell blühender Fetthenne ist eine Erinnerung. Ist das florale Negativ einer längst vergangenen Mauer. Der Mauer. Denn das genügsame Dickblattgewächs ist eine der wenigen Pflanzen, die resistent ist gegen die Herbizide, mit denen 28 Jahre lang der Todesstreifen getränkt wurde. Damit dort kein Grashalm wächst, kein Laub zu Boden fällt, nichts die Fußspuren eines Flüchtlings tarnen könne. Damit kein Strauch und kein Baum ihm Deckung sei. Weiterlesen