Butter aus dem Moor

Lange bevor es Kühlschränke gab, lagerten die Iren Butter im Moor. Zwei Arbeiter der irischen Torfbehörde haben unlängst einen Klumpen entdeckt, den Bauern dort vor rund 3000 Jahren versenkt haben müssen. John Fitzharris und Martin Lane staunten nicht schlecht, als sie in den feuchten Wiesen des Gilltown-Moores rund 40 Kilometer westlich von Dublin einen weißen Streifen im Boden fanden. Zutage kam ein knapp ein Meter hohes und 35 Kilogramm schweres Eichenholzfass mit Deckel – und randvoll mit einer weichen Masse, die sogar noch leicht nach Butter roch. Archäologen des National Museum of Ireland datierten den Fund in die Eisenzeit um etwa 1000 vor Christus. Damit ist es die älteste bekannte Moorbutter. Ob die Iren ihre Butter im Moor versenkten, um sie dort unter Luftabschluss zu konservieren, oder ob die Prozedur der Geschmacksveredelung diente, ist nicht bekannt. Als Brotaufstrich taugt sie allerdings nach 3000 Jahren nicht mehr: Die Masse hat sich in Adipocire verwandelt – jene Substanz, zu der auch das Fettgewebe von Wasserleichen wird.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 36/2009.

Unterstand für Heidis Vorfahren

Auf den Weiden des in der Ostschweiz gelegenen Fimbertals wächst das Gras besonders fett. Das wussten offenbar schon Heidis Vorfahren vor 2500 Jahren – und bauten auf 2300 Metern Höhe eine Hütte, um dort mit ihrem Vieh den Sommer auf der Alp verbringen zu können. Der Zürcher Archäologe Thomas Reitmaier hat die Überreste der ältesten bekannten Schweizer Berghütte entdeckt. Dabei fand er auch, dass das Fimbertal bereits seit der Steinzeit ein beliebter Weideort war: Hier saßen Hirten wohl schon in der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends vor Christus um eine Feuerstelle – als die Menschen im Alpenraum gerade eben erst das Jagen und Sammeln aufgegeben und die Landwirtschaft für sich entdeckt hatten. Durch die steinernen Fundamente der 2500 Jahre alten Hütte ist nun erstmals der archäologische Nachweis gelungen, dass Bauern nicht nur bei gutem Wetter, sondern auch den ganzen Sommer über mit ihrem Vieh auf der Alp lebten. Die Behausung bot vier bis sechs Leuten Schutz, wahrscheinlich auch bei gelegentlichen Schneestürmen.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 34/2009.

Topfpflanze XXL

Erforderlich waren drei Monate Planung, ein tonnenschwerer Kran und zehn flinke Gärtnerhände, um diese eine Pflanze umzutopfen: den Brotpalmfarn (Encephalartos altensteinii) in den Königlichen Botanischen Gärten in London. Das Prachtexemplar wächst bereits seit 1775 in den Kew Gardens. Der Brotpalmfarn war eine der ersten Pflanzen der damals neu gegründeten Anlage. Seinen Samen brachte der Botaniker Francis Masson von der zweiten Südseereise des Entdeckers James Cook mit. Wahrscheinlich stammt der Keimling aus der östlichen Kapregion Südafrikas. Mit einer Wachstumsgeschwindigkeit von 2,5 Zentimetern pro Jahr hat es die Uralt-Topfpflanze auf eine stattliche Höhe von 4,40 Metern gebracht. Und ein Ende ist nicht in Sicht: Bei guter Pflege können Palmfarne 500 Jahre alt werden. So lange wird denn auch der neue maßgeschneiderte Topf aus edlem Mahagoniholz nicht reichen – erst Anfang der achtziger Jahre war das Gewächs zuletzt umgetopft worden.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 33/2009.

Armer Ritter

Der Alltag war hart für die Edelmänner im 14. Jahrhundert. Das belegt eindrucksvoll der Fund eines Ritters, der unter dem Fußboden einer Kapelle im schottischen Stirling Castle bestattet worden war. Archäologen entdeckten dort die Gebeine eines Mannes, der zu Lebzeiten offenbar viel Prügel einstecken musste. Wahrscheinlich starb der etwa 25-Jährige an den Folgen eines Schwerthiebs über Nase und Kinn, der ihn liegend getroffen hatte. In seiner Brust steckte überdies eine große Pfeilspitze, die den Geschundenen schon geraume Zeit vor seinem Tod getroffen hatte. Auf dem Schädel des Ritters fanden die Archäologen zudem eine Delle, wahrscheinlich von einem Hieb mit dem Schwertknauf oder einer Axt. Auch hier hatte der Körper längst mit der Reparatur des beschädigten Knochengewebes begonnen, bevor der finale Schwerthieb den Mann dahinraffte.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 33/2009.

Wurmspuren in der Wikingerkarte

Ist die berühmte Vinland-Karte, auf der ein unbekannter Kartograf angeblich bereits um 1440 westlich von Grönland eine große Landmasse („Vinland“) einzeichnete, eine Fälschung? Oder dokumentiert sie tatsächlich die Reisen der Wikinger, die lange vor Christoph Columbus nach Amerika gelangten? Offenbar kann der langjährige Forscherstreit nun als entschieden gelten: „Wir haben nach fünf Jahren intensiver Studien keine Hinweise dafür gefunden, dass die Vinland-Karte gefälscht ist“, resümiert René Larsen, Rektor der Konservatorenschule an der Royal Danish Academy of Fine Arts. Vor allem die Tinte galt bislang als Argument für eine Fälschung, denn es ist keine in jener Zeit üblicherweise verwendete Eisengallustinte, sondern eine Flüssigkeit auf Kohlenstoffbasis. Trotzdem enthält sie Partikel von Anatas, einem seltenen Mineral, das sich in Eisengallustinte bilden kann, nicht aber in kohlenstoffbasierter Tinte. Das Anatas, so Larsen, komme aus dem Sand, der zum Trocknen darüber gestreut wurde. Und die Wurmlöcher im Pergament der Karte stimmten mit denen im Deckel jenes Buches überein, in das sie eingebunden war.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 32/2009.

Neandertaler aus der Nordsee

Erschienen in Geo, August 2009
Paläontologie Muschelfischer haben vom Grund der Nordsee einen außergewöhnlichen Beifang mitgebracht: den ältesten menschlichen Knochen, der je unter Wasser gefunden wurde
Besonders gut ging es dem Neandertaler, von dem das Augenbrauenteil des Stirnbeins gehoben worden ist, gegen Ende seines Lebens wohl nicht. Er dürfte unter Kopfschmerzen, Schwindel, Gleichgewichts- und Sehstörungen gelitten haben. Eine kleine Delle im Knochen scheint von einer sogenannten Epidermoidzyste zu stammen. Weiterlesen