Rehkeule mit Wacholderbeeren

Auch wenn die Neandertaler keine besondere Auswahl an Würzmitteln hatten: Was da war, verwendeten sie schon – etwa Wacholderbeeren.

Zutaten Originalrezept Steinzeit:

1 Rehkeule, ca. 1,5 kg
1 Hand voll Wacholderbeeren

…für unseren heutigen Geschmack zusätzlich:

1 Zwiebel, grob gehackt
3 – 4 Lorbeerblätter
10 schwarze Pfefferkörner
1 Zweig Rosmarin
1/2 Liter trockener Rotwein
1 Glas Rotweinessig
1 Glas Wasser
250 g Crème Fraîche
Salz

Zubereitung Steinzeit:
Die Wacholderbeeren mit Hilfe von langen Dornen an das Fleisch heften. Die Rehkeule auf einen Bratspieß stecken und über offenem Feuer so lange grillen, bis das Fleisch unter leichtem Fingerdruck nicht mehr nachgibt.

Zubereitung heute:
Die Wacholderbeeren mit Hilfe von Zahnstochern an das Fleisch heften. Rotwein, Rotweinessig und Wasser mischen. Zwiebel, Lorbeer, Pfeffer und Rosmarin dazugeben. Das Fleisch in der Marinade fünf Tage ziehen lassen, dabei immer wieder mit der Flüssigkeit übergießen. Backofen auf 200 Grad Celsius vorheizen. Die Keule mitsamt der Marinade in einen Bräter geben und in den Ofen stellen, ab und zu mit der Flüssigkeit übergießen. Nach etwa 45 Minuten die Keule mit der Hälfte der Crème Fraîche bestreichen. Noch weitere 45 Minuten braten und dabei wiederholt übergießen. Das Fleisch ist gar, wenn es unter leichtem Fingerdruck nicht mehr nachgibt. Keule aus dem Ofen nehmen und etwas ruhen lassen. In der Zwischenzeit den Bratensaft mit dem Rest der Crème Fraîche verrühren und noch einmal kurz aufkochen. Mit Salz abschmecken.

Für beide Zubereitungsarten:
Dazu einen Salat aus Sauerampfer, Waldpilzen, Haselnüssen, Möhren und Preiselbeeren servieren.

Getränk:
Hagebuttentee

Entsetzt würden wir im Restaurant nach dem ersten Bissen des auf Steinzeitart zubereitetetn Fleisches den Teller zurückgehen lassen – so sehr hat sich unser Gaumen an den Geschmack von Salz und Pfeffer gewöhnt. Was wir heute als selbstverständlich hinnehmen – die Verwendung von Würzmitteln, die nicht überall in der Natur vorkommen und oft über weite Strecken transportiert werden müssen – ist das Resultat einer jahrtausendelangen Entwicklung, zunächst hin zur Arbeitsteilung und dann sogar zu weltweitem Handel.

Doch auch der Neandertaler wollte Abwechslung auf dem Speiseplan. Lange Zeit war er als reiner Fleischesser verschrien, dessen einzige Variation im Menü die Wahl zwischen Mammut und Wollnashorn bedeutete. Untersuchungen an Neandertalerknochen bestätigen, dass er zwar viel Fleisch aß, aber stets auch ein wenig Gemüse oder Nüsse als Beilage zu schätzen wusste.

Der Fleischkonsum lässt sich gut an Überresten von Neandertalermahlzeiten belegen. Schnittspuren an den Knochen erzählen davon, wie die Tiere zerlegt wurden, und eine teilweise Verkohlung der Knochen lässt den Schluß zu, dass das Fleisch nicht nur blutig, sondern gerne auch „well done“ verzehrt wurde.

Das Vorkommen von Pflanzen zu einer bestimmten Zeit lässt sich an Hand von Pollen in den Fundschichten nachweisen. Allein die Existenz von Pollen genügt aber noch nicht, um sagen zu können, ob die entsprechenden Früchte auch tatsächlich den Speiseplan bereicherten. Für die letzte Warmzeit, die vor etwa 125 000 bis 110 000 Jahren in Mitteleuropa herrschte und in der dieses Rezept entstanden sein könnte, wissen wir nur, dass Haselnüsse, Wildmöhren und Sauerampfer zumindest reichlich wuchsen – und damit für das Spicken der Rehkeule und den Salat zur Verfügung standen.

Vielen Dank an Gaelle Rosendahl vom Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim für die Beratung.

Erschienen in der Reihe “Ars Vivendi“, Abenteuer Archäologie 3/2004.