Freudenfest im Sonnenhaus

Das viel besungene »House of the Rising Sun« gab es tatsächlich. Archäologen entdeckten im Französischen Viertel von New Orleans die Überreste des Bordells

Als der Song 1964 in die Plattenläden kam, gaben ihm die Kritiker keine Chance. »So lange will doch keiner einem einzigen Lied zuhören«, urteilten sie über die längste Aufnahme, die je auf eine Single gepresst worden war. Doch mit House of the Rising Sun landeten Eric Burdon und seine Band, die Animals, einen Riesenhit. Es war der erste britische Titel, der nicht von den Beatles stammte und es trotzdem in die U. S. Top 20 schaffte. Seit 40 Jahren gehört er zum Bühnenrepertoire von Schülerbands und großen Rock- und Popstars: Bob Dylan, Jimi Hendrix, Led Zeppelin, The Doors, The Rolling Stones, Marianne Faithfull, Tracy Chapman und Sinead O’Connor sangen das Lied vom Leben eines jungen Mannes, der in einem Bordell in New Orleans auf die schiefe Bahn gerät.

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Im Streichelzoo des Schreckens

oder Die Museumifizierung einer Epoche
Teil I: Der Westen

Dies ist die Langeversion einer Arbeit, die stark gekürzt unter dem Titel „Was vom Schrecken übrig blieb“ in Zeit Wissen vom 16. Januar 2005 erschienen ist.

Der Kalte Krieg ist vorbei. Doch wie soll man eine militärische Auseinandersetzung definieren, die nie im klassischen Sinne „gewonnen“ wurde? Wer schreibt die Chronik eines Konfliktes, wenn beide Seiten nach seinem Ende noch über international gewichtige Stimmen verfügen? Und wie bewerten die Ex-Kontrahenten in der Retrospektive das Geschehen? Ein Blick auf die materiellen Reste und musealen Aufarbeitungsversuche schafft einen ersten Überblick.

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Imperium USAnum

Da fährt er auf zu den Wolken, sicher geleitet von zwei Jungfrauen, die Freiheit und Sieg personifizieren, geht ein in die Gemeinschaft der Unsterblichen — wie einst die römischen Kaiser. Doch der Mann auf dem Gemälde ist kein göttlicher Imperator, sondern ein demokratisch gewählter, durch und durch irdischer Staatschef: George Washington, erster Präsident der Vereingten Staaten von Amerika. Das Fresko schmückt die Kuppel des Capitols in Washington. Die Architektur des Gebäudes ist dem Pantheon nachempfunden, in dem die alten Römer ihre Götter verehrten. Benannt wurde es nach einem der sieben Hügel der Ewigen Stadt, und zwar jenem, auf dem der antike Senat seinen Sitz hatte. Die Gründungsväter Amerikas nahmen fleißig Anleihen bei römischen Vorbildern, um den Anspruch ihres Volkes auf Macht, Ruhm und Ehre darzustellen. Die junge Nation sollte ein neues Rom werden. Weiterlesen

Krumme Geschäfte

Am Morgen des 3. Februar 1975 schließt der Chef der United Fruit Company Eli Black sorgfältig seine Bürotür im 44. Stock des New Yorker Pan Am Buildings hinter sich zu. Er nimmt seinen Aktenkoffer, zertrümmert die Scheibe und springt. Sein Körper zerplatzt auf dem Asphalt der belebten Park Avenue. Als die Ermittler ihre Arbeit aufnehmen, stellt sich heraus, daß United Fruit dem Präsidenten von Honduras insgesamt 2,5 Millionen US Dollar geboten hat, wenn die Firma bevorzugt bei der Festlegung von Ausfuhrzöllen behandelt wird. Doch Black ist tot und das wahre Ausmaß des Bestechungsskandals wird mit ihm begraben. United Fruit zahlt 15 000 Dollar Strafe und die Akten werden stillschweigend zugeklappt. Weiterlesen

Postfach 1663 Santa Fe

Stirling Colgates Haut dampft, als er vom Spielfeld zurück zu dem Holzverschlag stapft, der den Jungs als Unterkunft dient. Selbst jetzt noch, Anfang Dezember, lassen die Lehrer sie nur in kurzen Hosen Sport treiben. Es diene der Abhärtung, wird ihnen gesagt. Abhärtung hatten sie alle bitter nötig, als sie aus den wohlgeheizten Neuengland-Villen ihrer steinreichen Eltern hierher auf die Ranch School kamen. Hoch in die Sangre de Cristo Mountains, wo die pinienprickelnde Luft so dünn und klar ist, daß ein tiefer Atemzug während der ersten Wochen hier oben den stadtgewöhnten Lungen schmerzt. Sie alle sind hergeschickt worden, um von verzärtelten Ostküsten-Jungs zu harten Männern der Berge zu reifen. Weiterlesen

Das amerikanische Jahrhundert beginnt

Zum ersten Mal in der Geschichte setzt ein amerikanischer Präsident in offizieller Mission seine Füße auf europäischen Boden. Es ist eine kleine Sensation. Woodrow Wilson ist nach Paris gekommen, um dort an den Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg teilzunehmen. Im Gepäck hat er einen aus 14 Punkten bestehenden Plan zur Neuordnung der internationalen Verhältnisse. Seine Vision: eine friedliche und gerechte Welt unter der moralischen Führung der USA. Mit dem entsprechenden missionarischen Eifer läßt Wilson auf der Konferenz seine Donnerstimme erschallen wie ein Wanderprediger in der Scheune. Europa hat jedoch alles andere im Sinn, als sich von Amerika missionieren zu lassen. Der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau kommentiert das Auftreten des amerikanischen Präsidenten sarkastisch: „Mr. Wilson ödet mich mit seinen vierzehn Punkten an, selbst der Allmächtige hat nur zehn!“ Weiterlesen

Der Große Graben

Die beiden Männer stehen geschockt am Abgrund des großen Grabens und blicken hinunter auf die Erdmassen, die soeben in einer brüllenden Lawine aus rutschendem, schlitterndem Geröll die Grabungsarbeit von Monaten vernichtet haben. „Was sollen wir nun machen?“, fragt Major Gaillard mit belegter Stimme. Chefingenieur Goethals zündet sich eine Zigarette an. „Nun…“, gibt er trocken zurück, „es wieder ausgraben.“ Weiterlesen

Der Stoff für Legenden

Wurde in den alten Tagen, als der Westen noch wild war, ein Amerikaner geboren, so legten ihn seine Eltern auf einen Quilt. Und starb ein Amerikaner, so geschah dies meisst unter einem Quilt. Quilts begleiteten ihn von der ersten bis zur letzten Stunde seines Daseins. Kaum ein ander Ding ist so eng mit dem amerikanischen Leben verknüpft wie die gesteppten Patchwork-Decken. Weiterlesen

Die Sklavin des Präsidenten

Es hätte eine ergreifende Romanze sein können. Die Anfänge der Geschichte reichen bis nach Paris. In der Stadt der Liebenden ist der große, etwas ungelenke Mann Botschafter der Vereinigten Staaten. 1787 lässt er seine geliebte Tochter Patsy — seit dem Tod ihrer Mutter Martha eine Halbwaise — über den Atlantik nach Frankreich holen. In Patsys Schlepptau befindet sich die damals 14-jährige Sklavin Sally Hemings. „Black Sally“ wurde sie genannt, wenn man später hinter vorgehaltener Hand in Amerika über sie sprach. Weiterlesen