Steinzeit-Mischling

Wie sahen sie aus, die Mischlinge aus Neandertaler und modernem Homo sapiens? Auf ein Exemplar, das aus sexuellen Kontakten beider Spezies hervorgegangen sein könnte, sind Forscher um die Anthropologin Silvana Condemi von der Universität Aix-Marseille gestoßen. Von ihrer Untersuchung eines rund 35000 Jahre alten Unterkieferstücks berichten sie in der Zeitschrift Plos One. Die Analyse des bereits 1957 geborgenen Fragments habe ergeben, dass die aus den Knochen isolierte mitochondriale DNA von einer Neandertalerfrau stammte. Das markant ausgeprägte Kinn hingegen spricht dafür, dass Gene des Homo sapiens eingeflossen sind. Aus dem selben Fundstück hatten die Experten schon zuvor weitere Informationen über das Leben des vermeintlichen Hybriden gewonnen: So scheint er eine schwere Kieferentzündung durchlitten zu haben. Bei seinem Tod dürfte er kaum noch Zähne im Unterkiefer gehabt haben.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 15/2013.

Übersehener Schatz

Jean-Baptiste Croizet ahnte nicht, was er da in den Händen hielt. Zwischen 1830 und 1842 hatte der französische Pfarrer in der Auvergne einen Geweihknochen entdeckt, in den das Abbild eines Pferdes geritzt war. Wie sich nun zeigt, handelte es sich womöglich um den ersten Fund eines steinzeitlichen Kunstgegenstandes. Erst jetzt wurde eine wissenschaftliche Auswertung des 14000 Jahre alten Stückes veröffentlicht. Zu Croizets Zeiten war die Forschung nicht so weit, die Bedeutung des Knochen erkennen zu können: Alte, verzierte Gegenstände wurden generell als „keltisch“ klassifiziert. Mehr oder weniger unbeachtet überdauerte das Geweihstück in Vitrinen und Regalen des Natural History Museum in London, bis es 1989 wiederentdeckt und in den Jahren 2010 und 2011 näher untersucht wurde. Eine Micro-Computertomografie und eine Untersuchung im 3-D-Mikroskop brachten Details über die Arbeitsweise des altsteinzeitlichen Künstlers zutage. Die Geschichte des Geweihstücks ist nun in der britischen Zeitschrift „Antiquity“ erschienen, die Ergebnisse der Untersuchungen werden in der Mai-Ausgabe des „Journal of Archaeological Science“ publiziert.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 14/2013.

Gewalt gegen Steinzeitfrauen

Blutige Fehden gehörten bei den Steinzeitbauern zum Alltag. Doch anders als bisher angenommen, fielen den oft tödlich endenden Auseinandersetzungen nicht nur die kämpfenden Männer zum Opfer. Bei der Untersuchung von 378 prähistorischen Schädeln aus Dänemark und Schweden hat ein Team um die Archäologin Linda Fibiger von der University of Edinburgh festgestellt, dass sich Frauen ebenso häufig unter den Gemeuchelten befanden wie Männer: „Das Risiko, eine tödliche Kopfverletzung zu erleiden, war für beide Geschlechter gleich hoch”, berichtet Fibiger in der neuen Ausgabe des „American Journal of Physical Anthropology”. Insgesamt fanden die Wissenschaftler bei knapp 17 Prozent der Schädel aus Dänemark und bei über 9 Prozent der Schädel aus Schweden Spuren von schwerer äußerer Gewalteinwirkung. Warum dabei so viele Frauen zu Tode kamen, ist noch ungeklärt. Eine Vermutung der Experten: Wenn die Frauen bei plötzlichen Überfällen versuchten, ihre Kinder zu schützen, konnten sie sich „womöglich nicht mehr richtig selbst verteidigen”, spekuliert Fibiger gegenüber dem US-Wissenschaftsportal „LiveScience”.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 08/2013.

Ötzis Migrationshintergrund

Erschienen in Geo, Januar 2013
Wie kamen Gene aus Sardinien und Bulgarien ins Erbgut des Eis-Mannes?
Eine Studie vom Februar 2012 hatte für Verwirrung gesorgt: Die DNS der berühmten Mumie aus dem Ötztal deutete darauf hin, dass die Sarden unten den heutigen Eiwohnern Europas die engsten lebenden Verwandten des Tiroler Eis-Mannes sind. War Ötzi ein „Ausländer” aus Sardinien?

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Hirschgeweih im Steinzeithaus

Schon Steinzeitjäger haben ihre Behausungen mit Trophäen verziert. Das zeigen Ausgrabungen im ostkroatischen Bapska, bei denen Archäologen das 6500 Jahre alte Geweih eines Zwölfenders in einem Wohnbereich gefunden haben. Bisher wurden Hirschgeweihe nur in Abfallgruben entdeckt, nie aber als Dekorationsobjekte in Häusern. Der Hirsch, von dem die Trophäe stammt, könnte zu Lebzeiten bis zu 250 Kilogramm gewogen haben. „Ein solches Exemplar nur mit Steinwerkzeugen zu erlegen erforderte Geschick – immerhin handelte es sich um sehr schnelle Tiere”, berichtet Ausgräber Marcel Burić von der Universität Zagreb. Die Jagdtrophäe lag in einer Wohnstätte, in der die Archäologen auch schon andere Luxusgüter wie Obsidianklingen, Schmuck aus Muschelschalen sowie Hämatitbrocken geborgen hatten.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 33/2012.

Fingerabdruck des Steinzeitkünstlers

Menschen haben den Werkstoff Ton offenbar früher regelmäßig genutzt als bislang angenommen. In der Höhle Vela Spila in Kroatien sind Ausgräber auf Fragmente modellierter Figürchen gestoßen, die Künstler bereits vor  17 000 Jahren, also noch während der letzten Eiszeit, geschaffen haben. „Wir beginnen zu verstehen, dass einige paläolothische Gesellschaften Kunst aus keramischem Material lange vor der Jungsteinzeit vor 10 000 Jahren erzeugt haben, als Keramik größere Verbreitung fand und in der Regel für Gebrauchsgefäße verwendet wurde”, sagt der Anthropologe Preston Miracle von der University of Cambridge. Das größte der 36 Fragmente stellt den Torso und die Vorderbeine eines Tieres dar. Ein anderes wurde mit gleichmäßigen Reihen von Eindrücken verziert, wie sie etwa beim Gebrauch eines Stichels entstehen. Auf einigen der Stücke sind sogar noch die Fingerabdrücke des Steinzeitkünstlers zu erahnen.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 32/2012.