Sensationsfund im Speisesaal

Endlos lange sammelten sich auf ihnen der schmierige Ruß von Feuern und die Graffiti vorüberziehender Reisender. Doch jetzt haben Restauratoren des Londoner Courtauld-Instituts die Wände eines Speisesaals in der jordanischen Wüstenstadt Petra vom Schmutz der Jahrhunderte befreit und dabei einen ungeahnten Schatz entdeckt: hellenistische Wandmalereien, die zu den schönsten gehören, die jemals gefunden wurden. Sie zeigen Flora und Fauna in erstaunlichem Detailreichtum. Die Restauratoren konnten Wein, Efeu und Winde identifizieren, Gewächse, die in der griechischen Mythologie dem Gott Dionysos zugeordnet waren. Auch Jungfernkraniche und Jerichonektarvögel sind abgebildet. Dazwischen tummeln sich puttenähnliche geflügelte Figuren. Die Farben leuchten intensiv – unter anderem haben die antiken Künstler Blattgold verwendet. Eigentümer des erlesenen Speisesaals, so vermuten die Experten, dürfte ein vor 2000 Jahren zu Wohlstand gekommener nabatäischer Weinhändler gewesen sein.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 35/2010.

Kleopatras Cocktail

Hat sie oder hat sie nicht? Der römische Gelehrte Plinius beschreibt, wie die ägyptische Herrscherin Kleopatra die teuerste Perle der Welt in einem Glas Essig auflöst und hinunterkippt – nur um eine Wette gegen ihren Geliebten Marcus Antonius zu gewinnen. Zehn Millionen Sesterzen könne sie in einem einzgen Mahl verspeisen, hatte die Königin geprahlt. Altertumsforscher taten die Anekdote bislang als Legende ab; Essig sei nicht imstande, eine Perle aufzulösen. Nun hat die Archäologin Prudence Jones von der Montclaire State University in New Jersey durch einen Versuch herausgefunden: Es funktioniert doch. Vorraussetzung: Die Essiglösung ist nicht zu stark. Am besten, so Jones, läuft die Reaktion in handelsüblichen Weißweinessig mit einer Konzentration zwischen fünf und zehn Prozent ab. Jones legte etwa ein Gramm schwere Perlen ein; einen Tag später war das Gebräu trinkbereit. Von den Perlen blieben nur leicht zu schluckende glibberige Kugeln übrig. War der Essig hingegen zu stark, brauchte die Perle zu lange, um sich aufzulösen. Mit einem einfachen Trick war der Kleopatra-Cocktail schon binnen Minuten trinkfertig: Wird die Perle vorher zu Pulver zerstoßen, bleibt nach einem kurzen Aufbrodeln nichts davon übrig.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 33/2010.

Grusel-Gräber

Einen gruseligen, mindestens 1600 Jahre alten Friedhof fanden Archäologen im britsichen York. Dort lagen 80 Gladiatoren begraben – die meisten davon ohne Kopf. Einer der Kämpfer wurde in der Arena wahrscheinlich sogar von einem wilden Tier getötet. An seinen Knochen entdeckten die Ausgräber Bißspuren eines Löwen, Tigers oder Bären. Andere zeigten schwere Verletzungen von Keulen oder Äxten. Bei vielen der Toten war der rechte Arm deutlich länger als der linke. Diese Veränderung am Skelett entsteht, wenn ein rechtshändiger Mensch schon als Jugendlicher mit dem Training an schweren Waffen beginnt. Sklavenhändler verkauften besonders aufsässige Kinder oft an Gladiatorenschulen, wo sie schon früh mit der Ausbildung beginnen mussten. Trotz ihres grausamen Todes wurden die Männer sorgfältig begraben. Einem von ihnen hatten seine Fans die Überreste von mindestens vier Pferden mit ins Grab gelegt, die sie zuvor wohl als Leichenschmaus verzehrt hatten. Ein anderer bekam gleich ein ganzes Schaf mit ins Jenseits.

Erschienen in Dein Spiegel 08/2010.

Asiate im antiken Rom

Unter seinen römischen Mitmenschen dürfte der Unbekannte vor 2000 Jahren aufgefallen sein wie ein Außerirdischer: Auf einem Friedhof im italienischen Vagnari wurden Knochenreste eines männlichen Toten gefunden, der laut DNA-Tests ostasiatischer Abstammung war. Die Isotopenanalyse seiner Zähne ergab zudem, dass der Fremde nicht in der Region um Vagnari aufgewachsen sein kann. Schon im 1. und 2. Jahrhundert nach Christus florierte zwar der Seidenhandel zwischen China und dem Römischen Reich. Doch die bescheidenen Grabbeigaben des Toten sprechen dagegen, dass er als wohlhabender Händler nach Italien gekommen war. Wahrscheinlich hatte der Asiate sein Leben als exotischer Sklave des Kaisers gefristet.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 7/2010.

Antiker Leinenpanzer schützt so gut wie Kevlar

Ein bisschen Flachs, Leinsamen und Stoff – fertig ist der Brustpanzer. Historiker und Archäologen haben eine Leichtrüstung aus Zeiten Alexanders des Großen rekonstruiert und Erstaunliches herausgefunden: Das vollkommen metallfreie Hemd schützt so gut wie eine moderne schusssichere Weste.

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Unverwundbar im Leinenhemd

Alexander den Großen und seine Soldaten schützte auf dem Schlachtfeld ein besonderer Leinenpanzer, der Linothorax, den Historiker von der amerikanischen University of Wisconsin – Green Bay erstmals rekonstruiert haben. Sie verwendeten dazu Flachsfasern, die wie seinerzeit in der Antike von Hand geerntet, gesponnen und gewebt wurden. Da der Linothorax offenbar aus vielen verleimten Stoffschichten bestand, testete das Team auch zwei Klebstoffe, die es aus Materialien herstellte, wie sie in der Antike zur Verfügung standen: einen aus Flachssamen und einen, der aus der Haut von Kaninchen gewonnen wurde. Anschließend traktierten sie die Rüstungen mit allem, was antike Waffenkammern zu bieten hatten. Ergebnis: Der Makedonier und seine Mannen hatten in ihren Stoffhemden kaum eine Waffe zu fürchten – das verklebte Leinen wirkte ähnlich wie Kevlar, aus dem moderne schusssichere Westen hergestellt sind. Außerdem wog der Linothorax nur etwa ein Drittel eines Metallpanzers, gab Kämpfern mehr Bewegungsfreiheit, bestand aus leicht beschaffbarem Material und konnte in Massenproduktion billig hergestellt werden. Vor Kriegszügen in regenreiche Landstriche mussten die Rüstungen nur noch mit Bienenwachs, Pinienharz oder Wollwachs imprägniert werden.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 5/2010.