Das Symposium – Feiern im alten Griechenand

Antike Texte und Vasenbilder erzählen uns, wie es auf den Festen der alten Griechen zuging: Der Wein floss in Strömen, Flötenspielerinnen sorgten für die Unterhaltung, und zum Vergnügen wurde philosophiert.

Gut möglich, dass die Karriere des Thunfisches, wie er bei Athenaeus beschrieben ist, im Laufe des Abends auf einem kleinem Beistelltisch endete. Unser Fisch taucht jedenfalls wieder auf bei der Beschreibung eines griechischen Festgelages:

„Ein Paar von Sklaven kam herein mit einem glänzenden Tisch,
und noch einem und noch einem, bis dass der Raum gefüllt war.
Sie brachten schneeweiße Gerstenbrötchen in Körben,
(…) Mit Honig glasierte Krabben dazu, mein Liebster,
Tintenfisch, besprenkelt mit Meersalz,
Vögelchen in knusprigem Teig,
und einen gebratenen Tunfisch, oh Götter!, welch ein Riesentier,
frisch aus dem Feuer und der Pfanne und vom Messer,
genügend Scheiben aus seinem zarten Bauch um uns beide zu beglücken,
so lange wir auch bleiben und schmausen mögen.“
Das Bankett, Philoxenus

Manche schreiben diesen Text Philoxenus von Leucas zu, einem legendären Schlemmermaul. Von ihm heißt es, er habe oft unerträglich heißes Wasser getrunken und seine Hände unter den Heißwasser-Ausfluss in den Thermen gehalten, nur damit er sich abhärte, um die leckersten Bissen direkt aus Ofen und Pfanne stibitzen zu können. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es sich bei dem Autor um Philoxenus von Kythera (ca. 435/34 – 380/79 v. Chr.) handelte. Der war Hofdichter für den Herrscher über die griechischen Städte auf Sizilien, Dionysos I. (ca. 430 – 367 v. Chr.). Dann beging der Dichter allerdings den Fehler, die selbstgeschriebenen Tragödien seines Herren zu kritisieren und landete dafür in den Steinbrüchen.

Bei seiner Beschreibung eines Festgelages spricht Philoxenus also von kleinen Beistelltischen. Diese wurden vor die Liegen (klinen) gestellt, auf denen die Gäste sich ausstrecken konnten, das Mahl wurde also in der Horizontale eingenommen. Essen war sicherlich ein wichtiger Bestandteil der griechischen Festgelage, symposien genannt. Dazu gehörten aber auch die Unterhaltung der – ausnahmslos männlichen – Gäste mit Musik- und Tanzdarbietungen zumeist angemieteter Mädchen und natürlich das Trinken. Rund um den Wein gab es allerlei Rituale, aber auch Spiele. Der erste Schluck, als Trankopfer auf den Boden gegossen, ging immer an den Gott Dionysos. Auch während des Gelages wurden immer wieder Trinksprüche ausgerufen und reichlich Trankopfer an die Götter gespendet. Der letzte Schluck aus einer Weinschale wurde ebenfalls nicht getrunken. Mit ihm galt es, beim kottabos-Spiel ein vorgegebenes Ziel zu treffen. Dazu ließ der Trinker die Schale am Henkel um seinen Zeigefinger kreisen, bis durch den Schwung der Weinrest hinausgeschleudert wurde. An dem Wein der alten Griechen hätten wir allerdings wohl kaum unsere Freude gehabt. Reinen Wein tranken nur die „Barbaren“, die Griechen verdünnten ihn stets mit Wasser und „veredelten“ seinen Geschmack mit Honig und Gewürzen, wie zum Beispiel mit Rosenblättern.

Die wohl schönste – wenn auch nicht ganz typische – Beschreibung eines symposion gibt uns Platon (428/27 – 349/48 v. Chr.) in seinem gleichnamigen Werk. Anlass für das Fest ist der Sieg des Agathon bei dem Dichtkunst-Wettbewerb des jährlichen Theaterfestivals von Athen. Um seinen Triumph zu feiern, hat Agathon für den Abend einige Freunde eingeladen. Auf dem Weg zu der Verabredung trifft einer seiner Gäste den Philosophen Sokrates (ca. 470 – 399 v. Chr.) und überredet ihn, mitzukommen – als weiterer Gast sei er sicherlich herzlich willkommen. Was ungewöhnlich an diesem Gelage ist: Die Anwesenden beschließen, nach den ausschweifenden Feierlichkeiten vom Vortag diesmal auf den Alkohol zu verzichten. Auch die schon im Voraus bezahlte Flötenspielerin schicken sie wieder hinaus. „Ich schlage vor“, sagt Eryximachos, einer der Gäste, „die eben eingetretene Flötenspielerin sich empfehlen zu lassen, mag sie sich selbst spielen oder, wenn sie will, den Weibern nebenan.“ Stattdessen wollen die Männer den Abend im Gespräch verbringen. Jeder soll, der Reihe nach, eine Geschichte über die Natur der Liebe zum Besten geben. Über das Erzählen und Debattieren ist die Nacht schon fortgeschritten, als sich plötzlich im Garten ein lautes Getöse erhebt. Hineingetorkelt kommt Alkibiades (ca. 450 – 404 v. Chr.), einst Schüler des Sokrates und nun begehrtester Jüngling Athens, schillernder Politiker und späterer Verräter des Stadtstaates. Auf dem Kopf trägt er einen Kranz aus Efeu und Veilchen, bunte Bänder flattern ihm vor den Augen. „N‘ Abend, die Herren“, nuschelt er. „Nehmt ihr einen schwer Berauschten als Mitzecher auf, oder müssen wir gehen, nachdem wir nur Agathon mit Bändern geschmückt haben? (…) Trinkt ihr mit oder nicht?!“ Die Runde nimmt Alkibiades auf, und von nun an wird dem Wein auch von allen anderen doch noch kräftig zugesprochen, während sie ihre Hymnen auf die Liebe wieder aufnehmen. Als der Tag anbricht, sind die meisten Gäste längst eingeschlummert. Nur Sokrates ist noch wachen Geistes und philosophiert, wie es seine Art ist. Als auch die Letzten seiner Zuhörer einschlafen, steht er auf. Er geht in das öffentliche Badehaus und beginnt, ohne Müdigkeit zu zeigen, den neuen Tag.

Erschienen in der Reihe “Ars Vivendi”, Abenteuer Archäologie 1/2004.