Armer Ritter

Der Alltag war hart für die Edelmänner im 14. Jahrhundert. Das belegt eindrucksvoll der Fund eines Ritters, der unter dem Fußboden einer Kapelle im schottischen Stirling Castle bestattet worden war. Archäologen entdeckten dort die Gebeine eines Mannes, der zu Lebzeiten offenbar viel Prügel einstecken musste. Wahrscheinlich starb der etwa 25-Jährige an den Folgen eines Schwerthiebs über Nase und Kinn, der ihn liegend getroffen hatte. In seiner Brust steckte überdies eine große Pfeilspitze, die den Geschundenen schon geraume Zeit vor seinem Tod getroffen hatte. Auf dem Schädel des Ritters fanden die Archäologen zudem eine Delle, wahrscheinlich von einem Hieb mit dem Schwertknauf oder einer Axt. Auch hier hatte der Körper längst mit der Reparatur des beschädigten Knochengewebes begonnen, bevor der finale Schwerthieb den Mann dahinraffte.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 33/2009.

Dino, wo bist Du?

Wer in Lyme Regis an der englischen Südküste Ferien macht, hat dabei Gesellschaft von Ammoniten, Nautiliden und Belemniten. Denn die Jurassic Coast ist ein Schatzplatz für Fossilien. Glückspilze stolpern sogar ab und an über ein Saurierskelett.

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Beweisstück gegen den Schöpfungsglauben

Britische Forscher haben in den Magazinen des Natural History Museum in London einen rund 400 000 Jahre alten Faustkeil wiederentdeckt, der seit 150 Jahren verschollen war. Das von Menschenhand hergestellte Werkzeug hatten englische Gelehrte im 19. Jahrhundert in einem Steinbruch nahe der nordfranzösischen Stadt Amiens inmitten von Mammut- und Wollnashornknochen gefunden. Das Artefakt hatte seinerzeit das Weltbild der Biebelgläubigen erschüttert, die nach den Lehren des im 17. Jahrhundert lebenden Erzbischofs Ussher glaubten, Gott habe die Menschen im Oktober 4004 vor Christus geschaffen. Nur kurze Zeit nach seiner Entdeckung war „der Stein, der die Zeitbarriere durchbrach“, wie es ein prominenter Archäologe formulierte, spurlos verschwunden. Erst jetzt haben der Geograf Clive Gamble und der Paläontologe Robert Kruszynski das berühmte Beweisstück unter Tausenden prähistorischen Werkzeugen in den Archiven zum zweiten Mal ausfindig gemacht. Auf dem behauenen Flint mit der Inventarnummer E 5109 klebte ein kleines weißes Schildchen aus viktorianischer Zeit mit dem Vermerk: „St Acheul, Amiens. 1 Fuß unter der Oberfläche, April 27 – 59” – der Faustkeil ist damit genau auf jenes „annus mirabilis 1859” datiert, in dem auch der Naturforscher Charles Darwin mit seiner Abhandlung über die „Entstehung der Arten ” den Glauben an die göttliche Schöpfung ins Wanken brachte.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 24/2009.

Knochenmüll aus der Ärzteschule

Dass Archäologen Knochen finden, gehört zu ihrem Geschäft. Dass sie aber vor einer Grube voller abgesägter Körperteile stehen, kommt nicht alle Tage vor. Was bei den Bauarbeiten für den neuen Campus der University of Worcester ans Tageslicht kam, waren allerdings nicht Hinweise auf finstere Verbrechen, sondern Überbleibsel einer Sternstunde der Medizin: „Dies ist ein Zeugnis aus den Kindertagen der Chirurgie”, erklärt Stadtarchäologe Simon Sworn. Denn wo bald die Studenten in neue Wohnheime ziehen sollen, stand bislang die Worcester Royal Infirmary, das alte Krankenhaus der Stadt. Und hier, knapp 50 Kilometer südwestlich von Birmingham, wurde im Jahr 1832 die British Medical Association gegründet. Im gleichen Jahr trat der Anatomy Act in Kraft, der es britischen Ärzten erlaubte, Tote ohne Angehörige für die Forschung zu verwenden. Zuvor mussten sich die Forscher mit den Leichen Krimineller als Lehrmaterial begnügen – zu wenige für eine sinnvolle Forschung. „Wir haben von der Syphilis angegriffene Knochen gefunden, die für eine nähere Untersuchung aufgesägt waren”, berichtet Sworn. Aber auch Knochen von Schweinen, Pferden und Rindern lagen zwischen den menschlichen Gebeinen. „An einigen davon haben wir gleich mehrere Sägeansätze gefunden – als ob Studenten hier eifrig Amputationen geübt hätten.”

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 23/2009.

Was von uns übrig bleibt

Der Brite John Schofield verschiebt mit provokanten Aktionen die Grenzen der Archäologie: Er untersucht Relikte der jüngsten Vergangenheit – einen Ford Transit, Friedenscamps der Atomkraftgegner und Uni-Hörsäle. Dabei fördert er Erstaunliches zu Tage, das wir fast schon wieder vergessen hatten.

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Kontroverse um Kinderknochen

Vor 5500 Jahren starb Charlie im britischen Avebury. Eine Gruppe radikaler Druiden betrachtet das zum Zeitpunkt seines Todes dreijährige Mädchen als ihren Stammesvorfahren – und will nun Charlies Knochen wiederhaben, die im Alexander Keiller Museum von Avebury ein Ausstellungs-Highlight sind. „Unsere Forderungen basieren auf ethischen Grundsätzen und der untrennbaren Verbindung unserer Vorfahren mit der Landschaft”, erklärt Paul Davies vom Council of British Druid Orders. Das Museum möchte sich nicht von seinem Publikumsmagneten Charlie trennen. Jetzt drohen die Druiden, den Fall vor den Obersten Gerichtshof zu bringen. Hätten sie dort Erfolg, so fürchten Archäologen, wäre kein Skelett in britischen Museen mehr sicher. In einer gemeinsamen Erklärung der Denkmalschutzorganisationen English Heritage und National Trust heißt es: „Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Mitglieder des Council of British Druid Orders mit den Überresten enger verwandt sind als die Mehrheit der derzeitigen Bevölkerung Westeuropas.”

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 06/2009.

Mathe-Genies in der britischen Wildnis

Tätowierte Wilde, die den Römern in England das Leben schwer machten – so sahen Historiker den Stamm der Pikten. Nun zeigen Ausgrabungen, dass die finsteren Krieger in Wahrheit hochgebildet waren. Sie fertigten kostbare Bücher und kannten die mathematische Formel für den Goldenen Schnitt.

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