Morbider Totenkult

Das Volk der Nazca, das zwischen 200 v. Chr. und 600 n. Chr. die Küstenwüste im heutigen Peru bewohnte, pflegte einen Brauch, über den Archäologen lange rätselten: Wie Darstellungen auf Gefäßen zeigen, durchlöcherten die Indianer Totenschädel, fädelten sie auf Schnüre und trugen sie als Trophäen bei sich – nur wessen Schädel? Kelly Knudson von der Arizona State University in Tempe hat die Antwort im Zahnschmelz gefunden: Die darin enthaltenen Isotopen-Signatur von Strontium, Kohlenstoff und Sauerstoff hängt vom Wasser und der Nahrung ab, die der Mensch zu sich genommen hat und unterscheidet sich von Ort zu Ort. Knudsen verglich entsprechende Proben von Trophäenschädeln und von intakten Nazca-Mumien. Das Ergebnis: Sowohl die Toten, die als Trophäen geendet waren, als auch die Trophäenträger hatten dasselbe Wasser und Gemüse zu sich genommen. Sie waren also offenbar keine Feinde aus anderen Dörfern, sondern eher Verwandte. Offen bleibt allerdings die Frage, ob die Nazca Mitglieder ihrer eigenen Familie rituell opferten oder die Köpfe ihrer auf natürliche Weise verstorbenen Verwandten mit sich herumtrugen – als Ritual eines morbiden Totenkultes.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 03/2009.

Atlas zeigt Europa vor dem Dreißigjährigen Krieg

Saufkult im Hafen, Eselhatz mit einer Ehebrecherin und jede Stadt aus der Vogelperspektive: Ein faszinierender historischer Bildband zeigt Europas Metropolen kurz vor der Katastrophe des Dreißigjährigen Kriegs. Ein Zweck der verspielten Darstellungen war, die Osmanen zu verschrecken.

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Der dritte Buddha

Im März 2001 sprengten die Taliban im Tal von Bamiyan zwei Buddhafiguren, die mit einer Höhe von 34,5 und 55 Metern als die größten der Welt galten. Jetzt hat ein französisch-afghanisches Team in unmittelbarer Nähe die Reste einer dritten Riesenstatue entdeckt, die den Erleuchteten liegend zeigte. Als erstes fanden die Archäologen ein Bein, dann einen Daumen, einen Zeigefinger, schließlich einen Arm. Ursprünglich, so glauben sie, hatte die Figur eine Länge von 19 Metern. Sie ist längst zerstört – allerdings nicht von den Taliban: Wie der afghanische Archäologe Anwar Khan Fayez vermutet, haben vielmehr arabische Eroberer das Antlitz der Statue bereits im neunten Jahrhundert geschändet. Die Skulptur war für die Ausgräber ein Zufallsfund. Eigentlich suchten sie nach einem wahrhaft gigantischen Buddha, der nach Überlieferung des chinesischen Mönches Xuanzang aus dem Jahr 632 um die 300 Meter gross sein soll. Die Archäologen, so das Informations- und Kulturamt von Bamiyan, hegen die Hoffnung weiterhin, diesen Koloß in der Nähe seiner kleineren Brüder noch aufzuspüren.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 47/2008.

Mathe-Genies in der britischen Wildnis

Tätowierte Wilde, die den Römern in England das Leben schwer machten – so sahen Historiker den Stamm der Pikten. Nun zeigen Ausgrabungen, dass die finsteren Krieger in Wahrheit hochgebildet waren. Sie fertigten kostbare Bücher und kannten die mathematische Formel für den Goldenen Schnitt.

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Auf Gefechtsstation erstickt

Warum mussten die acht Mann an Bord der „CSS H. L. Hunley“ sterben? In der Nacht des 17. Februar 1864 hatte das Schiff als erstes U-Boot der Weltgeschichte ein feindliches Schiff versenkt. Danach ging das per Handkurbel angetriebene Boot selbst auf Grund. Erst jetzt, mehr als 140 Jahre nach der Havarie, bringen neue Untersuchungen Licht in die letzten dunklen Momente an Bord: Wahrscheinlich erstickten die Männer am Grund der Bucht von Charleston, so das Fazit der South Carolina Hunley Commission. Dafür sprechen zwei Fakten: Bei der Bergung fand man die Leichen an den Gefechtsstationen – niemand hatte versucht, seinen Platz zu verlassen. Zudem waren die Pumpen, die den Mannschaftsraum trocken halten sollten, nicht eingeschaltet. Diese Umstände sprechen gegen die populäre These, die „Hunley“ sei beim Angriff auf den Feind schwer beschädigt und damit manövrierunfähig geworden. Denn dann hätte die Mannschaft versucht, das sinkende Boot zu verlassen, oder zumindest die Pumpen angestellt. Statt dessen warteten die Männer in dem technisch noch nicht ganz ausgereiften Boot vermutlich einfach nur auf die Flut, die sie ans Ufer bringen sollte. In den zwei Stunden bis zum Auflaufen des Wassers jedoch muss die Crew das Bewusstsein in dem engen Mannschaftsraum verloren haben.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 45/2008.

Kopf ab, Knochen gebrochen, Nagel im Schädel

In manchem deutschen Garten liegen steinalte Leichen, unentdeckt und übel zugerichtet: Unter der Grasnarbe verbergen sich Galgenhügel und Henkersplätze aus dem Mittelalter. Bisher wurden sie oft nur durch Zufall entdeckt – doch jetzt machen sich Archäologen auf die Suche.

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Friedenspfeife für Designerdroge

In den Vereinigten Staaten gibt es neuerdings eine bizarre Verbindung zwischen der Plünderung archäologischer Städten und dem Konsum der Designerdroge Meth. In ländlichen Gegenden, wo viele Drogenkonsumenten leben, treten auch besonders viele Fälle von Raubgräberei auf. Meth ist teuer – und die Suche etwa nach Friedenspfeifen, Pfeilspitzen und Schmuck in früheren Indianersiedlungen ist eine vergleichsweise ungefährliche Methode, schnell zu Geld zu kommen. Außerdem versetzt Meth seine Konsumenten in eine Art Zwangszustand: ideal, um lange und konzentriert einer monotonen Arbeit nachzugehen – wie dem Wühlen nach archäologischen Schätzen. Zudem sind die Chancen, nach einer illegalen Grabung ungeschoren davonzukommen, weitaus größer als etwa nach dem Überfall auf eine Tankstelle.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 43/2008.

Tauchgang zu Hitlers Torpedo-Falle

Vor der US-Ostküste lauerte 1942 eine tödliche Gefahr: Deutsche U-Boote schossen binnen weniger Wochen Hunderte Schiffe auf den Meeresgrund. Jetzt soll das Schlachtfeld zum Unterwassermuseum für Taucher werden – und an ein fast vergessenes Kapitel der Kriegsgeschichte erinnern.

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