Truthahn in Schokolade und Chili

Die Kombination von Schokolade, Chilies, Nüssen und Gewürzen macht diese mexikanische Soße zu einem kulinarischen Abenteuer.

Zutaten für vier Personen:

8 Chilischoten
4 Scheiben Truthahnbrust
1 EL Schmalz
4 kleine Zwiebeln
5 Knoblauchzehen
50 g geschälte Mandeln
50 g Erdnüsse
50 g Kürbiskerne
50 g Sesam
3 altbackene Tortillas
oder zwei Scheiben trockenes Toastbrot
1 TL Zimt
1/2 TL Koriander
1/2 TL Anis, gemahlen
1/4 TL Nelken, gemahlen
1 Hand voll Rosinen
50 g dunkle Schokolade guter Qualität
6 Tomaten
etwas Brühe
Salz und Pfeffer
Zucker

Zubereitung:

Chilischoten entkernen (Vorsicht: Handschuhe tragen) und 30 Minuten in etwa 300 ml Wasser kochen.

Putenbrust in dem Schmalz anbraten, bis sie leicht bräunt, aber noch nicht ganz durchgebraten ist, herausnehmen und beiseite legen.

Gehackte Zwiebeln, Knoblauch, Nüsse, zerkleinerte Tortillas, Gewürze und gehackte Schokolade in das Schmalz geben und rösten, bis die Mischung dunkel gebräunt ist. Tomaten hinzufügen und etwas einkochen lassen. Abkühlen.

Die Chilis mitsamt dem Kochwasser der Mischung zugeben und alles je nach gewünschter Konsistenz grob oder fein pürieren. Gegebenenfalls mit Brühe verdünnen und mit Salz, Pfeffer und Zucker würzen.

Putenbrust in eine feuerfeste Form geben und mit der Mole bedecken. Im vorgeheizten Ofen etwa 30 Minuten bei 200 Grad Celsius backen.

Mit Tortillas servieren.

Das Aroma der Mole entfaltet sich am Besten, wenn sie schon am Vortag zubereitet wird und 24 Stunden Zeit zum Durchziehen hat.

Der Legende nach…

…beruht dieses Rezept auf einer göttlichen Eingebung. Um 1680 erwartete das Kloster Santa Rosa in Puebla, im heutigen Mexico, hohen Besuch. Angekündigt hatte sich der Erzbischof Don Manuel Fernandez de Santa Cruz, und er wollte sogar noch einen Gast mitbringen: Don Antonio de la Cerda y Aragon, Vizekönig Neuspaniens. Die Nonnen waren verzweifelt. In ihren ärmlichen Mauern gab es nichts, was man den hohen Herrschaften zu Essen servieren konnte. Eine von ihnen, Schwester Andrea, flehte inbrünstig um göttlichen Beistand. Und prompt hatte sie eine Eingebung. Sie wies ihre Mitschwestern an, alles klein zu hacken, was an Essbarem in der Küche zu finden wäre: Gewürze, Kräuter, Nüsse, Samen – auch einige Reste Schokolade. Unter der Regie von Schwester Andrea kochten die Nonnen das Gemisch zusammen. Sie schlachteten den einzigen Truthahn des Klosters und übergossen das Tier mit der Soße. Der Erzbischof war tief beeindruckt. Es sei das köstlichste Gericht, so sagte er, das er je gegessen habe.

Heute ist Mole Poblano de Guajolote ein beliebtes Gericht in Zentralmexiko. Vor allem zu Festtagen kommt es auf den Tisch, dann versammelt sich die ganze Familie um den großen Mole-Topf, aus dem es verführerisch duftet. Das jeweilige Rezept, von Familie zu Familie verschieden, wird als gehütetes Erbe von einer Generation an die Nächste weitergegeben. Schon die Zubereitung ist ein Ritual, oft dauert es den ganzen Tag, bis alle Samen geröstet, die Nüsse gemahlen, alle Schoten gekocht sind. Und eine ganz wichtige Zutat von Mole Poblano ist blindes Vertrauen: Darin, dass am Ende tatsächlich die geschmacklich sehr unterschiedlichen Ingredienzien miteinander harmonieren werden, denn ein Abschmecken während des Zubereitungsprozesses ist nicht möglich. Beim Essen entfaltet sich dann die volle Magie des Gerichtes. Jeder Bissen hält eine neue Überraschung für den Gaumen bereit. Je gröber die Mole, desto unterschiedlicher die kulinarischen Stimuli.

Wie die Zutaten für Mole variieren auch die Fleischsorten, die sich darin kochen lassen. Truthähne sind in Mexiko heimisch und gehörten bereits zum Speiseplan der Azteken, ebenso Enten, Tauben oder Rebhühner. Hühner dagegen brachten erst die Spanier ins Land, was sie allerdings nicht von der Liste vorzüglichen Mole-Geflügels ausschließt. Doch die Wahl bleibt nicht nur auf Federvieh beschränkt, auch Schweinefleisch eignet sich hervorragend für diese Zubereitung. Lediglich zwei Tierarten, die von den Azteken als besonders köstlich geschätzt wurden, bleiben für Europäer wahrscheinlich doch zu gewöhnungsbedürftig: Tepezcuintle, eine Nagerart, und Xoloizcuintle – kleine, haarlose Hunde.

Erschienen in der Reihe “Ars Vivendi”, Abenteuer Archäologie 2/2004.