Hilfe für Afghanistans Frauen

Sie wollen Schulen gründen für eine Generation von Mädchen, die bislang keine Hoffnung hatte, jemals einen Brief zu schreiben oder ein Buch lesen zu können. Für Kinder, denen das ABC fremder ist als die Exekutionen, Auspeitschungen, Plünerungen und Vergewaltigungen, die sie täglich mitansehen mußten. Und sie wollen ein Krankenhaus wiederaufbauen, das aus Geldmangel geschlossen werden mußte. Das kleine Krankenhaus in Quetta/Pakistan, in dem 400 Betten zur Verfügung stehen für die Opfer von Landminen, für Frauen und Kinder, war eines der besten der Region. Viele Leser fragen nach dem stern-Bericht über die Aktionen der sanften Rebellinen von der Widerstandsbewegung RAWA, wie der Kampf der afghanischen Frauen weitergeht.

In Deutschland gibt es mittlerweile viele Organisationen und Einzelpersonen, die RAWA unterstützen. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen der SPD setzt sich auf politischer Ebene für RAWA ein. „Es reicht nicht aus“, forderte die Vorsitzende der ASF Karin Junker von UN-Generalsekretär Kofi Annan, „zu erklären, die Beteiligung der Frauen an einer Übergangsregierung sei „wünschenswert“. Die Internationale Völkergemeinschaft hat dafür zu sorgen, dass Afghanistans Frauen aus dem Gefängnis der Unfreiheit befreit werden, statt die Gitterstäbe der Unterdrückung nur ein wenig auseinander zu biegen.“

Weitere Politiker und Politikerinnen der SPD und des Bündnis 90/Die Grünen haben sich der „Zivilen Allianz gegen den Terror“ der Friedeninitiative Nottuln angeschlossen. Diese Allianz setzt sich an der Seite von RAWA für die Achtung der Menschenrechte in Afghanistan ein. Ihre Vertreter trafen sich in der vergangenen Woche mit der RAWA-Aktivistin Shala, bevor diese den ZDF-Preis des Frauenmagazins „Mona Lisa“ für den Kampf um die Rechte der Frauen in Afghanistan entgegennahm.

Die Sängerin Nina Hagen hat für den 23. Dezember eine Weihnachts-Benefiz-Gala organisiert, deren Erlös der Wiedereröffnung des Hospitals zu Gute kommen soll. Weitere Künstler, die bei der Verantstaltung nicht dabei sein können, haben persönliche Dinge gestiftet, die auf einem anschließenden Benefiz-Sale verkauft werden. So spendeten unter anderen Sabine Christiansen, Senta Berger und Nadja Auermann für Nina Hagens Bazar.

Für RAWA segelt die Crew um Gisbert Pauen sogar um die halbe Welt. Bei der Daimler Chrysler Northatlantic Challenge, einer Regatta im Sommer 2003, die unter großen körperlichen Strapazen an der Eisgrenze entlang von New York nach Hamburg führt, wollen diese Männer sich für die RAWA-Frauen hart an den Wind legen und Sponsoren- sowie eventuelle Preisgelder RAWA zur Verfügung stellen. Doch sie sind nicht die einzigen Männer, die sich für RAWA einsetzen. Auch der schwedische Schriftsteller Henning Mankell ließ sein Honorar für einen stern-Artikel (Der Turm zu Babel und die Apostel der Verzweifelung, stern 47/2001) auf das Konto von RAWA fließen.

Oft sind es kleine Aktionen, die RAWA helfen. So hat die Pfadfinderschaft St. Georg aus Sendelbach einen Weihnachtsbazar veranstaltet, auf dem die Jungen und Mädchen Waffeln und Punsch verkauften. Den Erlös gaben sie dem stern zur Hilfe für RAWA.

Der Weg in ein Afghanistan, in dem Frauen gleichberechtigt behandelt werden, ist weit. Viele Männer sind im Krieg umgekommen, so dass die Frauen in Afghanistan nun ungefähr 60 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Aber nur etwa drei bis vier Prozent von ihnen können Lesen und Schreiben. Der Weg führt über Schulen und Bildungseinrichtungen. Und er führt vorbei an den Männern, die immernoch die Macht in Afghanistan fest in ihren Händen halten. Bei Redaktionsschluß waren bereits 185 648, 73 DM auf dem Spendenkonto des stern eingegangen. Dieses Geld ist ein kleiner Anfang. Mit ihm werden die Frauen von RAWA damit beginnen, weitere Schulen und Waisenhäusern aufzubauen. Sie werden das kleine Krankenhaus in Quetta wiedereröffnen. Und sie werden Werkstätten errichten, in denen Frauen sich ein eigenes Einkommen, ein eigenes Leben verdienen können.

Erschienen im stern 50/2001.