Fesch und Chips

Erschienen in Geo, März 2012
Zahlte man in Bordellen Englands mit Spielgeld? Eine Münze aus römischer Zeit legt dies nahe
Der kleine Chip sieht aus wie ein Geldstück. Doch was jüngst mit einem Metalldetektor aus dem Uferschlamm der Themse gefischt wurde, konnte man gewiss nicht in einem Gemüseladen gegen Blumenkohl eintauschen. Denn die Vorderseite trägt nicht das Konterfei eines Kaisers oder einer Gottheit – sondern zeigt einen Mann und eine Frau beim Sex: Die Frau liegt auf dem Bauch, der Mann kniet über ihr. Auf der Rückseite steht die römische Zahl XIIII.

Mitarbeiter des Museum of London, in dem die Münze derzeit ausgestellt ist, halten das Stück für eine spintria, ein Zahlungsmittel für ein Bordell. Diese Münzen gab es überall im Römischen Reich – nur in Großbritannien ist es das erste bekannte Exemplar.
Doch warum konnte ein Römer den Damen nicht direkt Geld auf den Tisch legen? Zum einen verbot Kaiser Tiberius, Münzen mit seinem Porträt an so profane Orte wie Freuden- oder auch Toilettenhäuser zu tragen. Außerdem waren viele römische Prostituierte Sklavinnen – denen ihre Herren durch das Zahlungssystem der spintriae jede Möglichkeit zur persönlichen Bereicherung verwehrten – ebenso wie die Option, sich freizukaufen.
Doch es gibt auch Zweifler. Stutzig macht zum Beispiel, dass in der Stadt Pompeji mit ihren vielen Bordellen zwar jede Menge spintriae gefunden wurden – doch nicht eine einzige davon in einem der einschlägig bekannten Häuser. „Die Münze gehörte auf ein Spielbrett in einer Bar, nicht in ein Bordell”, vermutet die Historikerin Mary Beard.

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