Jäger der Rüsseltiere

Gut verborgen war der vielleicht ältste Menschenschädel des amerikanischen Kontinents. Taucher der Höhlenforscherorganisation PET („Projecto Espeleológico de Tulum”) entdeckten ihn nach einer über 1200 Meter langen unterirdischen Reise durch die Kalksteinhöhlen der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Hat der vor mehr als 10 000 Jahren Gestorbene Rüsseltiere gejagt? Sein Schädel lag zwischen den Überresten eines Mastodons. Diese Riesensäuger bevölkerten einst den nordamerikanischen Kontinent und starben erst nach Ankunft des Menschen dort aus. Zwar sind von den ersten Bewohnern der Neuen Welt, den sogenannten Paläoindianern, Hinterlassenschaften wie Werkzeuge und Waffen bekannt, jedoch kaum Knochenfunde. Das macht den Schädel aus der Hoyo Negro („Schwarzes Loch”) genannten Unterwasserhöhle so bedeutsam. „Dieser Fund ist der Heilige Gral der Unterwasser-Höhlenforschung”, freut sich Mit-Entdecker Alex Alvarez. Die Taucher hatten ihre Ausrüstung mühsam durch den dichten Wald zum Einstieg der Höhlensystems schleppen müssen. Die weitläufigen Kalksteinhöhlen Yucatáns lagen im Jungpleistozän (bis vor rund 12 000 Jahren) noch trocken; die frühen Siedler Mexikos konnten ungehindert hineinspazieren. Doch vor rund 11 800 Jahren war der Meeresspiegel so weit angestiegen, dass sie voll Wasser liefen – so wurden das Mastodon und sein mutmaßlicher Jäger konserviert.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 12/2011.

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