Erschienen in Geo, Juni 2010
Hat die Megalithkultur in England viel früher begonnen als bislang angenommen?
Das Dartmoor im Süden Englands ist reich an vorgeschichtlichen Monumenten. Etwa 80 Steinsetzungen sind aus der Region bekannt. Doch sie alle standen bislang im Schatten des bekanntesten und angeblich sehr frühen Megalithbauwerks: Stonehenge. Nun aber hat der Archäologe Tom Greeves in einem entlegenen Winkel des Dartmoors eine bislang unbekannte Reihe aus Riesensteinen entdeckt – und dabei den Ursprung der britischen Steinformationen um bis zu 600 Jahre weiter in die Vergangenheit verlegt.
Die neun neu entdeckten Steine liegen auf dem Cut Hill, mit 603 Metern eine der höchsten Erhebungen im Dartmoor. Dass niemand vor Greeves das 215 Meter lange Bauwerk fand, liegt wohl daran, dass Cut Hill nur nach zweistündigem Fußmarsch durch das Moor erreichbar ist – egal aus welcher Himmelsrichtung.
Die Moorlage ist ein Glücksfall für Archäologen, denn über den Torf an den umgestürzten Steinen lässt sich der Zeitpunkt, an dem das Monument verfiel, recht genau bestimmen. Ralph Fyfe von der University of Plymouth analysierte Pflanzenreste auf der Unter- und der Oberseite zweier Megalithen. Einer fiel demnach zwischen 3600 und 3440 v. Chr. um, der andere zwischen 3350 und 3100. Zu dieser Zeit hatte die Jungsteinzeit in Britannien gerade erst begonnen – die ersten Bauern hatten ihr Leben als Jäger und Sammler aufgegeben. Und in der Ebene von Salisbury, wo später Stonehenge entstehen sollte, dachte wohl noch niemand über das Aufrichten von Steinen nach. Dort wurde der erste Kreis erst um 3000 v. Chr. errichtet.
Die bis zu 2,6 Meter hohen Megalithe von Cut Hill waren einst von weither sichtbar. Wie Stonehenge war die Anlage nach den Sonnenwenden ausgerichtet.