Kneipe im Wohnzimmer

Dass die Alten Griechen ihre Abende bevorzugt zechend in der Taverne verbrachten, wollen uns zahlreiche Komödien und Anekdoten weismachen – nur fanden Archäologen bislang nie Überreste dieser angeblich so verbreiteten Eckkneipen. Das brachte Clare Kelly Blazeby von der University of Leeds auf die Idee, dass ihre Kollegen vielleicht nach den falschen Spuren gesucht haben könnten: Die Tavernen des klassischen Griechenland, so Blazebys Hypothese, waren keine eigens zu diesem Zweck genutzten Gebäude. Statt dessen funktionierten die Griechen ihre Wohnräume zu Kneipen um. Als Beleg dafür sieht Blazeby die Unmengen Geschirr, die in etlichen Privathäusern gefunden wurden – viel mehr, als selbst eine kinderreiche Großfamilie gebraucht hätte. Allein aus den Ruinen eines Wohnhauses in Halieis etwa holten die Archäologen 209 Trinkbecher und 148 Krüge. In den Abfallgruben solcher Häuser fanden Ausgräber meist auch außergewöhnlich viele Tierknochen – die Forscher schließen daraus, dass bei den Gelagen auch Snacks ausgegeben wurden.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 04/2009.

Schreibe einen Kommentar