Traditionsbordell mit christlicher Mission

Das älteste Gewerbe der Welt hat auch im spanischen Málaga eine lange Tradition. Die Archäologin Sonia López fand jetzt bei Ausgrabungen im Rotlichtviertel der andalusischen Stadt heraus, dass die Herren des Ortes für käuflichen Sex über 500 Jahre lang die gleichen Häuser aufsuchten. Wenige Gebäude Europas haben eine ähnlich lange Geschichte. Inzwischen ist die Gegend zwischen der Calle Nosquera und der Muro de las Catalinas gesperrt, da die alten Mauern 46 neuen Häusern mit Sozialwohnungen weichen sollen. Doch bis in die jüngste Vergangenheit nutzten die Damen des horizontalen Gewerbes genau jene Räume, die ein Edelmann aus Murcia bereits Ende des 15. Jahrhunderts als Bordellhäuser errichten ließ. Der Adlige bekam den Straßenzug vom spanischen Königspaar für seine Dienste bei der Rückeroberung der Stadt von den Mauren am 19. August 1487 geschenkt – allerdings mit dem Auftrag, dort wieder christliche Sitten einzuführen. Dieses Ansinnen interpretierte der Herr etwas eigenwillig: Er ließ in sämtlichen seiner neuen Gebäude Huren einziehen. Für die erbetene Frömmigkeit sorgte der Zuhälter aus dem Mittelalter lediglich durch die Auflage, dass die Damen mindestens einmal im Jahr zur Kirche gehen mussten. Außerdem bestellte er einen Arzt, der jeden Samstag das Viertel besuchte. Damit es einigermaßen züchtig zuging, wurde in den frühen Freudenhäusern auch kein Alkohol ausgeschenkt; und nach Einbruch der Dunkelheit wurden die Gassen abgeriegelt.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 3/2010.

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