Wikingerdock im Robbenland

Auf der Suche nach Spuren des Klimawandels in Grönland hat eine norwegische Expedition wahrscheinlich die bislang nördlichste ganzjährig bewohnte Wikingersiedlung auf der Insel entdeckt. Das Team des „Melting Arctic“-Projekts unter der Leitung von Knut Espen Solberg fand an der Baffinbai die Ruinen einiger kleiner Steinhäuser sowie ein Dock für große Schiffe mit bis zu 30 Meter Länge. Dass in diesen nördlichen Gefilden die Wikinger nach Walrossen, Robben und Eisbären jagten, ist aus zeitgenössischen Berichten bekannt. Bislang gab es aber noch keinen archäologischen Nachweis für Siedlungstätigkeit in der Region. Die einzige andere Erklärung: Erst Walfänger des 16. Jahrhunderts errichteten das Dock. Wann genau die Anlage entstand – und wer folglich die Erbauer waren – , soll jetzt eine C14-Datierung klären. Im 14. Jahrhundert, als die Wikinger im Norden Grönlands siedelten, war das Klima an der Baffinbai deutlich wärmer. Sogar Bäume wuchsen damals auf dem kargen Boden, der heute nur aus Eis und Granit besteht. Warum dann aber eine Kälteperiode einsetzte, und zur Flucht der Nordmänner aus dem unwirtlich gewordenen Grönland führte, ist bislang noch wenig erforscht.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 33/2008.

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