Antiker Schuh-Tick

Die weibliche Leidenschaft für luxoriöses Schuhwerk ist kein neuzeitliches Phänomen – davon zeugt der jüngste Fund einer römischen Frauenbestattung aus dem 3. Jahrhundert im englischen Boscombe Down (Grafschaft Wiltshire). Die Tote trug exquisite Pantoffeln aus Hirschleder mit Korkabsätzen; die Kanten der Schuhe waren mit Fellstreifen verziert – ein Import aus dem fernen Spanien oder Portugal. In Britannien war solches Schuhwerk damals noch unbekannt. Von einem Begräbnis erster Klasse zeugt auch der Sarkophag der Toten: In der drei Tonenn schweren Sonderanfertigung aus Stein hielt sich die Leiche trotz des feuchten Bodens in außerordentlich gutem Zustand. „Wir haben sogar noch Stoffreste gefunden, die sich dank einer chemischen Reaktion um eine Metallperle herum erhalten haben“, schwärmt Andrew Fitzpatrick vom privaten Ausgräber Wessex Archaeology. Im Arm hielt die Tote zudem ein junges Mädchen, das Stiefeletten aus feinstem Kalbsleder trug – wahrscheinlich ebenso Importware. Wer waren diese beiden Unbekannten mit dem Schuhtick? Bekannt ist nur: Ihr Grab war um 220 nach Christus das erste auf dieem Friedhof. Alle späteren Toten wurden in schlichten Holzsärgen begraben, an den Füßen einfache, derbe Lederstiefel aus heimischer Produktion.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 2/2008.

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