Stinkende Zeitzeugen

Dänische Archäologen sind in Kopenhagen auf zwei öffentliche Toiletten aus dem 18. Jahrhundert gestoßen. Die Bedürfnisanstalten riechen selbst nach knapp 300 Jahren noch durchdringend nach verfaulten Eiern – für die Forscher ein Glücksfall, denn der Gestank bedeutet, dass sich die organischen Reste in den Fäkalien nicht ganz zersetzt haben. Die Aborte sind zudem randvoll: „Wir haben so viel Material gefunden, dass es Monate dauern wird, bis wir alles gersichtet und analysiert haben”, berichtet Archäobotanikerin Mette Marie Hald. Anhand der Verdauungsprodukte können die Forscher feststellen, was zu Zeiten des dänischen Königs Friedrich IV. auf dem Speiseplan der Stadtbewohner stand. Einige der Nahrungsmittel lassen sich schon jetzt mit bloßem Auge erkennen: Von Kirschen, Feigen, Flachs und Roggen etwa sind noch Kerne, Samen oder Körner erhalten. „Manch einer hat offenbar auch das ganze Kerngehäuse eines Apfels verschluckt”, erklärt Hald. Die Abtritte waren nach Erkenntnissen der Forscher bis Oktober 1728 in Gebrauch – dann vernichtete eine Feuersbrunst große Teile der Stadt.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 38/2011.

Schreibe einen Kommentar