Kino der Bronzezeit

Lange vor Erfindung des Papiers gab es bereits das erste Daumenkino. Als Zeichenunterlage dienten den frühen Cartoonisten Tonschüsseln, die man mit dem Daumen in Drehung versetzen konnte. So erweckten die Bildchen auf der Schüsselwand die optische Illusion eines fortlaufenden Films. Ein solches Stück aus der bronzezeitlichen Stadt Schahr-e Sochte (persisch für „verbrannte Stadt“) haben iranische Archäologen jetzt in einer Filmdokumentation vorgestellt. Auf dem etwa zehn Zentimeter hohen Schüsselchen springt eine Bezoarziege in die Luft, schnappt nach den Blättern eines Baumes und landet schließlich wieder auf ihren Hufen – dargestellt in fünf Einzelbildern. Dass die Darstellungen tatsächlich eine animierte Bildersequenz ergeben sollen, hat der iranische Archäologe Mansur Sadschadi herausgefunden. Nach seiner Vermutung ist die Cartoonziege ein Symbol aus dem Kult der Muttergöttin Murkum, dessen Ursprung im heutigen Pakistan liegt.

Erschienen in Prisma, Spiegel (Printausgabe) 13/2008.

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